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„Gegossene Götter“ – Metallhandwerk und Massenproduktion im Alten Ägypten

Sonderausstellung im Ägyptischen Museum der Universität Bonn
Bronzefigur des Kindgottes Harpokrates, um 300 v.Chr., Ägyptisches Museum – Georg Steindorff – der Universität Leipzig (Foto: ÄML/Marion Wenzel )

Bronzefigur des Kindgottes Harpokrates, um 300 v.Chr., Ägyptisches Museum – Georg Steindorff – der Universität Leipzig (Foto: ÄML/Marion Wenzel )

Das Wachsausschmelzverfahren ist die wohl anspruchsvollste Kulturtechnik der Antike. Erst ein mehrfacher Gestalt- und Substanzwechsel lässt aus einem Wachsmodell eine Bronzefigur entstehen. Und doch konnte diese Technik einer ganzen Epoche ihren Stempel aufdrücken: der Bronzezeit. Geradezu massenhaft wurden Waffen, Werkzeuge und Geräte aus Bronze gegossen und die Kultplätze mit bronzenen Götterfiguren überhäuft.

Am Ägyptischen Museum der Universität Bonn wird in Zusammenarbeit mit dem LVR-LandesMuseum Bonn und von der Fritz Thyssen-Stiftung unterstützt ein weltweit einmaliges Konvolut an Materialien aus einer Gusswerkstatt aus dem pharaonischen Ägypten untersucht. Wachsmodelle und Gussformen, die üblicherweise im Zuge des Gussvorganges zerstört werden, blieben hier erhalten.

Ausgehend von sensationellen neuen Erkenntnissen zum antiken Bronzeguss entwirft die Sonderausstellung ein Panorama antiker Technologie und Kulturgeschichte. Wie funktioniert eigentlich das Wachsausschmelzverfahren? Welche Objekte wurden gegossen? Wozu hat man diese Objekte genutzt? Wie blieben sie erhalten? Wie werden sie erforscht?

Möglich geworden ist dies durch die Kooperationen mehrer Sammlungen. So sind einmalige Stücke aus dem Museum August Kestner/Hannover, dem Herzoglichen Museum Stiftung Schloss Friedenstein Gotha und dem Ägyptischen Museum – Georg Steindorff – der Universität Leipzig erstmalig in Bonn zu sehen. Ein reich illustriertes Kataloghandbuch fasst den aktuellen Stand der Erforschung der Metallbearbeitung und der Technologie des Positiv-Negativ-Verfahren zusammen.

In der in Bonn startende Wanderausstellung setzen die vier teilnehmenden Museen Akzente, die den Stärken des Sammlungsprofiles entsprechen. In Bonn steht ein weltweit einmaliges Konvolut an Artefakten im Mittelpunkt, das 1970 von Bonner Ägyptologen auf dem Gräberberg der Qubbet el-Hawa gegenüber von Assuan entdeckt wur­de. Mit Hilfe modernster bildgebender Verfahren und Materialanalysen konnten sensationelle Ein­blicke in die antike Gusstechnik gewonnen und bislang ungelöste Fragen zum Guss kleiner Götter­bronzen beantwortet werden.

Die Objekte von der Qubbet el-Hawa entstammen einer altägyptischen Werkstatt, in der man vor­nehmlich Kleinbronzen von ägyptischen Göttern herstellte. Solche Götterbronzen waren nicht nur überall in Ägypten in den Kultstätten und Tempeln präsent, sondern sie gehören auch zu den be­kanntesten und am weitesten verbreiteten Stücken in den ägyptischen Museen der Welt. In ihrer Vielgestaltigkeit, Menge und schier unbegrenzten Motivik bilden sie die altägyptischen Vorstellun­gen der Götterwelt sowie die Vitalität religiöser Praktiken der ägyptischen Spätzeit in besonderer Weise ab.

Neben der Bronzetechnologie zeigt die Ausstellung auch die antike Reproduktion und Vervielfälti­gung von Bildern und Motiven in verschiedenen anderen Werkverfahren. Reichtum und Qualität der ägyptischen Metallkunst werden durch eine ausgesuchte Auswahl von Stücken aus den Museen Bonn, Hannover, Gotha und Leipzig vorgeführt. Darüber hinaus werden die Götterbronzen in ihrer historischen Bedeutung im Kontext der europäischen Aneigung des antiken Orients gewürdigt. Bereits Goethe gehörte zu den Sammlern altägyptischer Kleinbronzen!

Zur Ausstellung erscheint ein reich bebildertes Kataloghandbuch: M. Fitzenreiter, Ch. E. Loeben, D. Raue und U. Wallenstein (Hrsg.), Gegossene Götter, Rahden/Westf.: VML, 2014

Veröffentlicht am 18.11.2014