Praxisberichte

Forschung, Lehre

Sammlungen im Laboratorium. Die Jenaer Universitätssammlungen in der Lehre

Praxisbericht von Dr. Kerrin Klinger, Projektkoordination
Veröffentlicht am 16.10.2014
Ein Blick auf die Bestände des Herbarium Haussknecht (Foto: Fotozentrum FSU Jena)

Ein Blick auf die Bestände des Herbarium Haussknecht (Foto: Fotozentrum FSU Jena)

Die Projektgruppe „Laboratorium der Objekte“ arbeitet seit dem Frühjahr 2013 an der Friedrich-Schiller-Universität Jena und wird im Rahmen der Initiative „SammLehr – An Objekten lehren und lernen“ von der Stiftung Mercator gefördert. Zentrale Idee des Projekts ist es, wertvolle historische Sammlungen, die sich im Besitz der Hochschule befinden, verstärkt im universitären Unterricht einzusetzen. In den Blick kommen beispielsweise die Bestände des Herbariums Haussknecht, Gelehrtenporträts aus der Zeit der Renaissance, Orientfotografien aus dem 19. Jahrhundert, zoologische Präparate, historische Schautafeln oder auch wertvolle Handschriften aus der Universitätsbibliothek.

In Projektseminaren, organisiert von der Projektgruppe gemeinsam mit Dozentinnen und Dozenten aus drei verschiedenen Fakultäten, erforschen die Studierenden die reichen Sammlungsbestände und bereiten sie durch Publikationen für die weitere Arbeit auf. „Zukünftig sollen sich Lehre und Forschung an der Jenaer Universität noch viel stärker mit unseren eigenen Sammlungen auseinandersetzen“, so Steffen Siegel, der Leiter der Projektgruppe.

Studierende nähern sich den historischen Fotografien der Alfons-Stübel-Sammlung (Foto: Fotozentrum FSU Jena)
Studierende nähern sich den historischen Fotografien der Alfons-Stübel-Sammlung (Foto: Fotozentrum FSU Jena)

Grundlage des Projektes ist es, bestehende Strukturen an der Universität zu vernetzen und neue Lehrformate zu initiieren. Im Vordergrund steht dabei stets der Umgang mit den Sammlungsobjekten. Sammlungsbestände werden so teilweise wieder neu erschlossen und aus einer frischen Perspektive heraus betrachtet. 

Die seit dem Sommersemester 2013 laufenden Sammlungsseminare werden beraten, begleitet und jeweils mit einer studentischen Hilfskraft unterstützt. Diese Lehrveranstaltungen sind interdisziplinär orientiert. Die Lehrenden werden bestärkt, die universitätseigenen Sammlungen fachübergreifend für ihre Veranstaltungen zu nutzen und den Studierenden wird es ermöglicht, auch über ihr eigentliches Fach hinaus Leistungsnachweise zu erwerben. Neben Absprachen mit einzelnen Fachbereichen, können die Seminare an der Philosophischen Fakultät Jena im Rahmen eines Moduls für allgemeine Schlüsselqualifikationen anerkannt werden. Außerdem wird derzeit ein eigenes Modul „Sammlungspraxis: Laboratorium der Objekte“ an der Philosophische Fakultät eingerichtet. Unter der Leitung der Sammlungsbeauftragten der Universität Jena, Tilde Bayer, werden zukünftig Sammlungsseminare von verschiedenen Sachverständigen angeboten.

In diesen Lehrveranstaltungen lernen Studierende aus verschiedenen Fachrichtungen gemeinsam Sammlungsobjekte aus den 39 Sammlungen der Jenaer Universität kennen. Die Studierenden erhalten Einblick in die jeweils spezifische Praxis und die Geschichte der Sammlungen. Sie erwerben grundlegende Kenntnisse zum Umgang mit den Sammlungsstücken, zu Objektrecherche und Objektpräsentation.

Lehrende und Studierende kommen in den Sammlungsräumen nicht nur in direkten Kontakt mit der materiellen Wissenschaftskultur, sondern treten mit den einzelnen Sammlungsverantwortlichen in regen Austausch. 

Gespräch zur Sammlung historischer Wandtafeln des Bereichs für Biologiedidaktik (Foto: Fotozentrum FSU Jena)
Gespräch zur Sammlung historischer Wandtafeln des Bereichs für Biologiedidaktik (Foto: Fotozentrum FSU Jena)

Dokumentiert werden die Erfahrungen der Studierenden in der Publikationsreihe „Laborberichte“ beim VDG-Verlag in Weimar. Die einzelnen Seminarprojekte werden dabei durch das Schreibzentrum der Universität Jena mit Übungen und Beratungsangeboten unterstützt. Die Studierenden lernen im Umgang mit den Objekten aufmerksam zu beobachten und ihre Eindrücke und Rechercheergebnisse für ein breiteres Publikum schriftlich festzuhalten. 

Der Einsatz von Sammlungsobjekten stellt die Lehrenden vor eine Reihe inhaltlicher und organisatorischer Herausforderungen. Hier bietet die Projektgruppe in Zusammenarbeit mit der Servicestelle LehreLernen gezielte Beratungen an.

Die gemeinsam mit studentischen Hilfskräften im Projekt erstellte Literaturübersicht „Ein interdisziplinärer Einstieg zur Sammlungsforschung mit kommentierter Auswahlbibliographie“ kann dabei zusätzliche Impulse zur Auseinandersetzung mit Sammlungsobjekten und Sammlungsstrukturen geben. Außerdem wurde ein interdisziplinärer Fragenkatalog mit dem Titel „So schaffe ich eine Materialgrundlage für meinen Essay zur Objektbiographie“ entwickelt, der Studierenden die Annäherung an Sammlungsobjekte erleichtern und Ihnen so auch mögliche Berührungsängste nehmen kann. Das Laboratorium der Objekte umschreibt damit vor allem einen Kommunikationsraum.

Diese Kommunikation wird durch die Vortragsreihe „Laborberichte: Vorträge aus den Universitätssammlungen“ mit externen und internen Referenten und anschließenden Diskussionsrunden zum Erfahrungsaustausch bereichert.

Neben Seminaren, Publikationen und Vorträgen sind für das kommende Jahr ein Werkstattgespräch zum Thema „Die ‚nicht mehr neuen’ Medien. Herausforderungen für Universitätssammlungen“ mit Kollegen anderer Hochschulen, sowie eine Ausstellung zur Repräsentation der Sammlungen an der Universität Jena im ganz neu von der Sammlungsbeauftragten eingerichteten Ausstellungsraum geplant. 

Projektleitung: Prof. Dr. Steffen Siegel
Projektkoordination: Dr. Kerrin Klinger 
Sammlungsbeauftragte: Dr. Tilde Bayer 

 Die Sammlungsräume der Klassischen Archäologie lassen Raum für neue Konstellationen (Foto: Fotozentrum FSU Jena)
Die Sammlungsräume der Klassischen Archäologie lassen Raum für neue Konstellationen (Foto: Fotozentrum FSU Jena)