Praxisberichte

Lehre

Die Leipziger Sammlungsinitiative an der Universität Leipzig

Praxisbericht von Sandra Schubert, Projektkoordination
Veröffentlicht am 23.01.2014 von Sandra Schubert · sandra.schubert(at)uni-leipzig.de
Lehre im Antikenmuseum der Universität Leipzig

Lehre im Antikenmuseum der Universität Leipzig

Die Universität Leipzig besaß ursprünglich mehr als 40 wissenschaftliche Sammlungen, von denen heute noch etwa die Hälfte für die akademische Lehre verfügbar ist. Der Gesamtbestand umfasst rund 900.000 Objekte geistes- und naturwissenschaftlicher Sammlungen von teilweise nationalem und internationalem Rang. So zählt beispielsweise das Ägyptische Museum Georg Steindorff zu den bedeutendsten Universitätssammlungen ihrer Art in Deutschland, das Musikinstrumentenmuseum zu den größten und profiliertesten weltweit. Ein Großteil der wissenschaftlichen Sammlungen der Universität Leipzig wurde bereits im 19. Jahrhundert angelegt, manche Bestände sind Stiftungen oder Schenkungen zu verdanken, andere historisch gewachsen.

Um den wissenschaftlichen und historischen Wert der Museen und Sammlungen, insbesondere im Bereich der Geisteswissenschaften, zu würdigen und ihren Status als Lehrsammlungen dauerhaft zu stärken, konstituierte sich im November 2011 die Leipziger Sammlungsinitiative (LSI). Ausgehend von der bisherigen Lehrpraxis entwickelt das sechsköpfige Team unter der Leitung von Prof. Dr. Frank Zöllner innovative, sammlungsbezogene Lehrkonzepte und setzt diese in enger Zusammenarbeit mit den Kustod/innen und Sammlungsmitarbeiter/innen um. Im Fokus der Initiative stehen dabei vor allem das Ägyptische Museum Georg Steindorff , das Antikenmuseum mit der Gipsabgusssammlung, die Kustodie|Kunstsammlung, das GRASSI Museum für Musikinstrumente sowie die Sondersammlung der Universitätsbibliothek. Ziel ist eine weiter gehende systematische Integration dieser Sammlungen in die universitäre Lehre, das heißt die Erweiterung und personelle Unterstützung des Angebots praxisorientierter, objekt- und sammlungsbezogener Lehrveranstaltungen.

Beispiele für sammlungsbezogene Konzepte der LSI sind Lehrveranstaltungen wie das studentische Publikationsprojekt „Imago civitatis – Leipziger Stadtansichten“ oder die Übung „Wie gestaltet man eine Museumsführung?“, in denen Schreibkompetenzen und die Fähigkeit zur Vermittlung wissenschaftlicher Inhalte an fachfremdes wie auch fachnahes Publikum erlernt wurden. Ähnliche Kenntnisse vermitteln auch Seminare, in denen Texte für Audioguides oder Informationsblätter zu Sammlungsobjekten von den Studierenden verfasst werden.

Lehre im Antikenmuseum der Universität Leipzig

Lehre im Antikenmuseum der Universität Leipzig

Häufig werden die aktuellen Ausstellungsprojekte der jeweiligen Museen und Sammlungen in die Seminare integriert. So wurde beispielsweise in eine Übung zum Thema „Neue Forschungen zur Polychromie in der griechischen Kunst“ im Fach Archäologie der Alten Welt eine Ausstellung des Antikenmuseums eingebunden. In einigen Lehrveranstaltungen werden die Studierenden auch selbst aktiv in die Gestaltung von Ausstellungen integriert und können so erste berufsvorbereitende Erfahrungen sammeln. Exemplarisch seien hierfür eine Übung zur „Botschaft und Repräsentation auf mittelalterlichen Münzen, Siegeln und Wappen“ und das Kooperationsprojekt „Imaginäres Museum“ genannt. Während aus der Übung im Fachbereich Geschichte im April 2014 eine Kabinettausstellung mit Objekten der Sondersammlung der Universitätsbibliothek entstehen wird, ist das „Imaginäre Museum“ zugleich ein Beispiel für die interdisziplinäre und hochschulübergreifende Zusammenarbeit in der LSI. Hier haben die drei archäologischen Disziplinen und die Hochschule für Grafik und Buchkunst unter Einbeziehung der zugehörigen Sammlungen gemeinsam mit Studierenden gleich mehrere Ausstellungen konzipiert und veranstaltet.

Ein anderes Beispiel für fächerübergreifende Konzepte in der Leipziger Sammlungsinitiative ist das Seminar „Musik in der Bildenden Kunst“, in dem Studierende der Fächer Musikwissenschaft und Kunstgeschichte gemeinsam über musikikonografische Themen vom Totentanz bis zum Plattencover referieren und dabei die Sammlung des GRASSI Museums nutzen. Dadurch werden die Studierenden zum interdisziplinären Austausch angeregt und mit fachübergreifenden Sammlungskontexten vertraut gemacht.

Bei allen von der LSI angebotenen oder begleiteten Lehrveranstaltungen wird insbesondere auf die Einbindung originaler Exponate und Sammlungsbestände Wert gelegt. Durch die unmittelbare optische und haptische Erfahrbarkeit des Objektes, die Auseinandersetzung mit Sammlungsinhalten und Aufstellungsfragen sowie Besuche in Ausstellungsräumen, Depots und Magazinen werden die Studierenden zur aktiven Mitgestaltung der Lehrveranstaltungen motiviert. Darüber hinaus können sie durch eine methodische Schulung im Umgang mit Originalen wesentliche berufsqualifizierende Kenntnisse und Fähigkeiten erlangen.

Auch für die Zukunft ist geplant, bewährte sammlungsbezogene Konzepte fortzusetzen sowie neue Lehrideen zu entwickeln und anzuwenden. Hierbei soll vor allem der fächerübergreifende Ansatz weiterverfolgt und durch forschungsorientierte Lehrmodelle ergänzt werden. Somit möchte die LSI letztlich einen Beitrag zur weiteren Qualitätssteigerung in Studium und Lehre an der Universität Leipzig leisten und dem gegenwärtig erstarkenden Bewusstsein für die Relevanz des Lernens am Objekt Rechnung tragen.

Die LSI ist Teil des gesamtuniversitären Drittmittelprojektes „StiL – Studieren in Leipzig“, das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung im Rahmen des Qualitätspakts Lehre gefördert wird.

Projektleitung:
Prof. Dr. Frank Zöllner, zoellner(at)uni-leipzig.de 

Projektkoordination:
Jana Raffel M.A., jana.raffel(at)uni-leipzig.de