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Nachruf auf Jochen Brüning

Nachruf auf Jochen Brüning

Betroffen und traurig macht uns die Nachricht vom Tod des Mathematikers und Kulturwissenschaftlers Jochen Brüning am 16. Januar 2025. Mit seinem Tod verliert die Wissenschaft eine herausragende Persönlichkeit, die über Fachgrenzen hinweg prägend wirkte.

Jochen Brüning, seit 1995 Professor für Mathematik an der Humboldt-Universität zu Berlin, war ein international anerkannter Forscher im Bereich der Analysis. Seine wissenschaftliche Arbeit führte ihn zu Forschungs-aufenthalten an renommierten Institutionen weltweit, darunter das Massachusetts Institute of Technology, Universitäten in Japan sowie die Universität Bonn.

Sein Wirken ging jedoch weit über die Grenzen einer klassischen akademischen Karriere im Fach Mathematik hinaus. Als Gründungsmitglied und geschäftsführender Direktor des Helmholtz-Zentrums für Kulturtechnik (HZK) von 1999 bis 2013 brachte Brüning sowohl seine interdisziplinären Kompetenzen als auch sein Gespür für die Relevanz universitärer Sammlungen in einzigartiger Weise ein. Sein Interesse für das Sammeln als Kulturtechnik stellt ein elementares Fundament für die inhaltliche Ausrichtung des HZK bis heute dar. Unter seiner Leitung wurden Maßstäbe gesetzt – für das Ausstellen, die Wissenschaftskommunikation und den Dialog mit der Gesellschaft.

Besondere Bedeutung erlangte die von ihm mitinitiierte und verantwortete Ausstellung Theatrum Naturae et Artis, die 2000/2001im Berliner Gropius Bau präsentiert wurde. Diese Ausstellung zeigte eindrucksvoll die Vielfalt der Sammlungen der Humboldt-Universität und führte zu einer neuen wissenschaftlichen wie öffentlichen Wahrnehmung dieser oft verborgenen Schätze. Theatrum Naturae et Artis legte den Grundstein für die Ausstellungspraxis der Universität und inspirierte Einrichtungen wie das heutige Humboldt Labor im Humboldt Forum und das Tieranatomische Theater.

Jochen Brüning erkannte früh die gesellschaftliche und wissenschaftliche Relevanz universitärer Sammlungen. Sein interdisziplinärer Blick erstreckte sich von anatomischen Präparaten bis zu zoologischen Lehrtafeln – keine wissenschaftliche Sammlung blieb ohne seine aufmerksame Betrachtung. Er konnte sich für alles begeistern und vermochte es, diese Begeisterung auf andere zu übertragen. Die von ihm initiierte Helmholtz-Vorlesung wurde zu einem Publikumsmagneten und trug exzellente wissenschaftliche Positionen in die Berliner Stadtgesellschaft.

Auch auf dem Gebiet der Digitalisierung universitärer Sammlungen war Brüning ein Pionier. Sein strategischer Weitblick trug wesentlich zu dem richtungsweisenden Papier des Wissenschaftsrates zu Sammlungen als Forschungsinfrastrukturen im Jahr 2011 bei. Zudem war er ein zentraler Initiator der deutschlandweiten Vernetzung von Universitätssammlungen. Die Gründung der Koordinierungsstelle für wissenschaftliche Sammlungen in Deutschland und die Etablierung der Gesellschaft für Universitätssammlungen, deren erster Vorsitzender er war, sind auf seine Initiative zurückzuführen.

Auch nachdem er seine Tätigkeit als geschäftsführender Direktor des HZK beendet hatte, blieb Brüning der Einrichtung eng verbunden. Er verstand es, Menschen zu fordern und zu fördern und blieb stets ein Inspirator für neue Projekte und Ideen.

Mit Jochen Brüning verlieren wir einen unermüdlichen Denker und Brückenbauer zwischen den Disziplinen, einen Wissenschaftler mit strategischem Weitblick und einen begeisternden Förderer des Dialogs zwischen Wissenschaft und Gesellschaft. Wir werden ihn in dankbarer und würdigender Erinnerung behalten.

Veröffentlicht am 04.02.2025