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Call for Papers

Call for Papers: Die Fotografie und ihre Institutionen: Netzwerke, Sammlungen, Archive, Museen

Kulturwissenschaftliches Institut Essen (KWI)
Call for Papers: Die Fotografie und ihre Institutionen: Netzwerke, Sammlungen, Archive, Museen

Die Institutionalisierung bezeichnet einen Prozess, in dessen Verlauf Handlungen sowie die Handelnden selbst in ihrem Verhalten typisiert, normiert und damit auf längere Zeit festgeschrieben werden. Gleichzeitig werden die (nicht-menschlichen) Objekte in ihrer Erscheinung, Rezeption und Deutung durch diesen Prozess mitgeprägt. Im aktuellen Debattenkontext zur Gründung und Funktion eines bundesdeutschen Fotoinstituts widmet sich die Tagung den historischen, politischen, soziologischen, ästhetischen und fotohistorischen Diskursen zur Institutionalisierung der Fotografie als Medium, kulturelle und soziale Praxis, sowie als Kunstform, Dokument und Technik. Aus verschiedenen kulturkritischen Perspektiven und unter Berücksichtigung diverser Methodenansätze und Praxisbezüge sollen die Formen und Formate, die Logiken und Traditionen der Klassifizierung, Sammlung, Ausstellung, Konservierung, Archivierung und des Verkaufs fotografischer Bilder beleuchtet werden. Ausgangspunkt sind dabei nicht in erster Linie einzelne Bilder, monografische Werkgruppen, Genres (Porträt, Landschaft, etc.) und Gattungen (Kunstfotografie, Werbe- und Wissenschaftsfotografie), sondern es soll umgekehrt gefragt werden, wie die diversen Praktiken im Umgang mit Fotografie diese Kategorien (mit)geprägt haben und inwiefern sie historischen und kulturellen Wandlungen und Wertverschiebungen unterliegen, die an Institutionalisierungsfragen gebunden sind (ohne doch gänzlich in ihnen aufzugehen). Den zeitlichen und geografischen Rahmen soll Deutschland ab 1945 bilden, wobei komparatistische Perspektiven, die internationale Vergleiche ziehen, willkommen sind.

Um diese Problematiken in der zweitägigen Tagung zu erörtern, werden begrüßt: Beitragsvorschläge aus den Bereichen der Fotogeschichte und -theorie, den Kultur- und Medienwissenschaften, der Kunstgeschichte und den Sozialwissenschaften, sowie aus der Praxis des Kuratierens, Sammelns und Archivierens der Fotografie. Fallstudien zu Sammlungslogiken einzelner Institutionen sind ebenso willkommen wie Vorschläge zu (kultur)historischen Übersichten. Sie können sich an den folgenden Fragen und Themen orientieren, müssen jedoch nicht auf diese beschränkt sein:

  • Welche Initiativen auf individueller (Gernsheim, Krauss, Honnef, Eskildsen u.a.), kollaborativer (DGPh, Deutscher Fotorat), privater (z.B. photokina, Deutsche Börse Photography Foundation) und nationaler Ebene haben versucht, die Fotografie (als Kunstform) zu institutionalisieren? Und wie und warum waren sie erfolgreich oder scheiterten?
  • Inwieweit wirkte sich die Legitimation der Fotografie als bildende Kunst (in den 1970er Jahren) auf die Bewertung anderer Arten von Fotografie (z.B. dokumentarische fotojournalistische, Amateur- und Werbe-Fotografie) in solchen Initiativen aus?
  • Wie verhalten sich öffentliche, private, kommerzielle oder philanthropische Galerien, oder auch Privatsammlungen zu etablierten Museen in ihrem Umgang mit der Fotografie? Werden Sammlungsprinzipien übernommen, wenn beispielsweise eine Privatsammlung in ein öffentliches Museum oder Archiv wandert? Was passiert mit Nachlässen im Kunsthandel (z.B. Ronkholz/VAN HAM)?
  • Welche Rolle spielt die Digitalisierung in jüngeren Initiativen und welchen Einfluss hat sie auf institutionelle Fragen von bestehenden Sammlungen und Archiven der Fotografie?
  • Inwiefern wirkt sich die Materialität der Fotografie (analog/digital, in Fotoalben oder Fotobüchern) auf ihre Institutionalisierung aus? Oder auch: inwiefern erneuern, verschieben, aktualisieren digitale Bilder analoge Sammlungslogiken?
  • Wie lassen sich die Spannungen zwischen (impliziten oder expliziten) institutionellen Sammlungskriterien für die Fotografie und den vielfältigen alltäglichen Gebrauchsweisen des Mediums Fotografie analysieren?
  • Wie unterscheiden sich die Praktiken der Klassifizierung, Sammlung und Archivierung von Fotografie in der DDR und der BRD? Und wie wurden diese Unterschiede nach der Wiedervereinigung verhandelt?
  • Welchen Einfluss haben Kunstakademien und fotografische Ausbildungsstätten auf die Institutionalisierung der Fotografie?
  • Inwiefern stehen Netzwerke und bildjournalistische Fachgesellschaften und Agenturen, oder auch Festivals und ‚pop-up‘-Aktivitäten den publizistischen und sammelnden Institutionen der Fotografie ergänzend oder konträr gegenüber?
  • Welche kulturpolitischen Weichenstellungen befördern oder verhindern ‚grass-roots‘-Initiativen zur Etablierung der Fotografie als eigenständiges Medium und welche Rolle spielt die Digitalisierung in diesem Zusammenhang?
  • Aus internationaler und komparatistischer Perspektive, wie stellt sich die historische und gegenwärtige Situation in Deutschland im Vergleich zu anderen (europäischen) Ländern dar?
  • Und schließlich: was ist das Verhältnis zwischen der fotografischen Historiografie/der Fototheorie und den Formen und Formaten der Institutionalisierung der Fotografie?

Beitragsideen für 20-minütige Vorträge können in Abstracts von ca. 400 Wörtern, ergänzt um kurze biografische Angaben (max. 100 Wörter) bis zum 10. Januar 2022 per Mail an fototagung2022(at)gmail.com eingesendet werden. Rückfragen können ebenfalls an diese Adresse gerichtet werden.

Rückmeldungen erfolgen gegen Ende Januar 2022.

Geplant ist, die Tagung vor Ort am Kulturwissenschaftlichen Institut Essen zu veranstalten. Reise- und Übernachtungskosten werden übernommen. Arbeitssprachen während der Tagung sind Deutsch und Englisch. Im Anschluss an die Tagung ist eine Publikation geplant.

Kontakt

Anja Schürmann & Kathrin Yacavone
fototagung2022(at)gmail.com

Portal „Wissenschaftliche Sammlungen“

Universität zu Köln
Veröffentlicht am 29.11.2021